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Wie ich mein neues Frauchen kennen lerne

 

Huhu, da bin ich wieder.                                                                          Ich muss euch unbedingt erzählen, was passiert ist. Ihr werdet es nicht glauben, ich bin selbst noch ganz aufgeregt.

 

Inzwischen bin ich schon 10 Wochen alt und richtig groß.                          Ich kann auch schon richtig schnell rennen, aber weit laufe ich nie, denn das macht mir Angst. Ich will ja nicht riskieren, irgendwo plötzlich alleine zu sein.

 

Es ist was Komisches passiert. Meine Geschwister sind alle weg. Erst war einer weg, dann noch einer und so ging es immer weiter, bis keiner von Ihnen mehr da war.                                                                                 Wie ein Zauber, der alle verschwinden lässt.

 

Ich habe sie überall gesucht, was ziemlich aufregend war, denn ich musste alleine durch die ganzen großen Türen gehen und in jedem Raum suchen. Überall hat es nach ihnen gerochen, aber ich konnte sie nicht finden.

 

Mama sagt, das passiert immer nach einiger Zeit, wenn kleine Hundebabys auf die Welt kommen, die Menschen würden sie verkaufen. Ich weiß nicht, was das bedeutet und es macht mir große Angst.

 

Irgendwann habe ich eingesehen, dass ich sie nicht mehr finde und hier nur noch mit Mama und den anderen großen Hunden wohne. Die sehen zwar so aus wie ich, aber sie gehören nicht zu meiner Familie.                              Sie sind ganz freundlich, aber, wenn ich mich an sie kuscheln will, dann sind sie zickig, knurren mich an und schicken mich weg. 

 

Mama will mich auch nicht mehr so oft in meiner Nähe haben, sie möchte auch nicht mehr, das ich bei ihr Milch trinke. Dabei schmeckt die mir doch so gut. Gottseidank bekomme ich von meinen Menschen auch anderes Futter, sonst würde ich ja verhungern.                                                  Meine Menschen sind ganz lieb zu mir, manchmal schimpfen sie, wenn sie alle am Essen sind und ich mich dazu stelle und etwas abhaben möchte. Dabei habe ich doch einfach nur Hunger.

 

Ich habe immer Hunger, meine Mama sagt, das ist normal, da ich ja noch wachse.

 

Ich fühle mich sehr alleine, bin oft traurig.

 

Es kommen viele Menschen zu Besuch, alle wollen mich immer streicheln, mich hochheben oder mit mir spielen. Aber die sind so groß und beugen sich immer zu mir herunter. Manche von ihnen laufen mir hinterher, sobald ich weglaufe.

 

Aber ich bin viel schneller als sie, und keiner kriegt mich.

 

Das alles macht mir richtig Angst, so dass ich lieber weglaufe und mich verstecke. Ich mag nicht von ihnen angefasst werden.

 

Manchmal erkunde ich die Wiese auch schon ganz alleine, aber sobald mir etwas unheimlich ist, laufe ich ganz schnell zurück in mein Zimmer und verstecke mich.

 

Die anderen Hunde reden und lachen über mich, sie sagen, dass ich ein Angsthase bin und niemals Babys haben werde. Ich weiß nicht, was sie damit meinen, ich verstehe das alles nicht.

 

Ich bin doch selbst noch ein Baby, obwohl ich schon groß bin und schnell rennen kann.

 

Ich habe Mama gefragt, was nun aus mir werden soll, und das ich Angst habe, aber sie hat mir gesagt, dass alles gut wird. Ich durfte mich an sie kuscheln, es war gemütlich und warm und ich bin eingeschlafen.               

 

Eine Frau, die zu Besuch kommt ist anders, als die anderen fremden Menschen. Sie setzt sich immer auf den Boden und ignoriert mich. Ich bin ja schon neugierig, und gehe dann ganz langsam zu ihr hin.                           Sie hat immer was ganz Leckeres dabei und wenn ich all meinen Mut zusammennehme, und mich ganz nah an sie herantraue, bekomme ich ganz leckere Sachen.                                                                                        Sie versucht niemals mich zu streicheln, sie sitzt einfach nur da und wartet ab.

 

Ich habe Mama gefragt, warum die Menschen sich so unterschiedlich verhalten. Sie sagt, dass es Menschen gibt, die unsere Sprache besser verstehen als andere.

 

Darüber habe ich lange nachgedacht. Warum lernen die Menschen unsere Sprache nicht, wenn wir doch mit ihnen leben? Sie geben uns zu essen, geben uns einen warmen, gemütlichen Platz zum Schlafen, aber wollen nicht unsere Sprache sprechen?

 

Diese eine Frau ist anders. Sie scheint mich besser zu verstehen.

 

Sie redet immer mit meinem Menschen darüber, dass ich so ängstlich bin.                

 

Was bedeutet ängstlich? Ich bin doch einfach nur vorsichtig. Und ich kann doch auch nichts dafür, dass ich total aufgeregt bin, sobald etwas anders ist, als ich es gewohnt bin. Veränderungen machen mir Angst.

 

Mama benutzt das Wort auch immer, und wenn Mama es benutzt, wird es schon richtig sein. Deswegen weiß ich, dass ich ängstlich bin. Aber ich weiß nicht, was es bedeutet.

 

Mein Mensch hat die Frau schon ein paar Mal gefragt, ob sie mich nicht zu sich holen will, um mir dabei zu helfen, nicht mehr so ängstlich zu sein.

 

Die Frau lacht dann immer und sagt, dass sie keinen Ridgeback haben möchte, und mit ihren beiden Hunden genug zu tun hat.

 

Ich verstehe nix mehr.                                                                              Ich habe Chaos im Kopf.                                                                               So viele Fragen drehen sich in meinem Hundekopf, wie ein Karussell.

 

Was ist bitteschön ein Ridgeback?

 

Es gibt noch mehr Hunde auf der Welt?

 

Wohin geht die Frau immer, wenn sie in das laute Ungetüm einsteigt, das sie dann schnell von mir wegbringt? Das Ungetüm ist so schnell, dass selbst ich es nicht einholen könnte, wenn ich wollte.

 

Ist das auch so ein Zauber?

 

Manchmal träume ich davon, dass die Frau mich in das Ungetüm packt und ich mit ihr fortgehe. Aber das ist nur ein Traum.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Maike (Dienstag, 08 Februar 2022 06:34)

    Das is so toll geschrieben und macht einem mehr und mehr bewusst, dass wir uns als Frauchen und Herrchen mehr in unsere Lieben Fellknäule reinversetzen sollten!
    Freue mich auf den nächsten Eintrag